Eine Werbung mit durchgestrichenen Preisen ist seit Jahren eine der beliebtesten Arten, auf seinem Shop – sei in der realen Welt oder im Internet – eine „Verkaufsförderung“ zu erreichen.
Also wird mit einem früheren, höheren Preis geworben. Und dieser ist jetzt durchgestrichen. Und diesem durchgestrichenen, früheren und auch höheren Preis wird jetzt ein aktueller, viel günstigerer Preis gegenübergestellt…
Und Ihr Rechtsverständnis fordert: Dieser ursprüngliche Preis, also der, mit dem jetzt „durchgestrichen“ geworben wird, muss doch auch nachweisbar irgendwann einmal gefordert worden sein.
Gehen wir nun einmal davon aus, dass dieser durchgestrichene Preis auch tatsächlich in dem Internetangebot einmal gefordert worden sein muss, dann müssen Sie auch angeben, worauf sich diese durchgestrichenen Preise beziehen und wie lange sie gelten!
Einwurf: Es gibt auch eine ganz konkrete Regelung zu einem sogenannten Eigenpreisvergleich im UWG: Gemäß § 5 Abs. 4 UWG kann vermutet werden, dass es irreführend ist, „mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist“.
Diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof in seinem eigentlich schon recht alten Urteil vom 17.März 2011 erneut bekräftigt:Halten Sie sich nicht an diese eigentlich recht eindeutigen Vorgaben, so laufen Sie Gefahr, nicht nur von einem Konkurrenten teuer abgemahnt zu werden…
Und auch wenn dieses Urteil schon mehr als in dreiviertel Jahr alt ist, tagtäglich bekomme ich Mails mit Verweis auf Verkaufsseiten von Internetanbietern, manche sind auch angebliche Voll-Profis, die locker weiterhin durchgestrichene Preise verwenden.
Wie war es denn:
Das Urteil steht in einer langen Reihe von Entscheidungen, mit denen deutsche Richter seit Jahren den freien Wildwuchs bei Rabatt-Aktionen bekämpfen wollen:
Was gab es denn alles: Einbauküchen um Tausende Euro billiger, zwei Matratzen jetzt zum Preis von nur einer, der Preis der angebotenen Digitalkamera ist plötzlich in unglaubliche Tiefen gestürzt, der Verkäufer stehet anscheinend vor dem Ruin.
Und wer dann noch ins Internet geht und sich insbesondere bei den kleinen Shops umsieht, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus und kann sich vor durchgestrichenen Preisen und Rabatten kaum noch retten.
Das sind doch alles nur Mondpreise
Hier werden einfach Preise verlangt, die man sich ausgedacht hat, um sie dann hinterher zu senken. Und Mondpreise nennt man solche Fantasiepreise gerade auch, da diese niemals bezahlt werden würden, denn diese überhöhten Preise sin schlichtweg dazu da sind, einen dicken Rabatt dem Käufer vorzugaukeln.
Der Bundesgerichtshof festigte mit seiner jüngsten Entscheidung eine Rechtslage, die auch bisher schon recht eindeutig ist. Im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sind eigentlich ganz klare Regeln definiert:
Der durchgestrichene Preis muss über längere Zeit hinweg ernsthaft verlangt worden sein. Und es muss klargemacht werden, worum es sich beim durchgestrichenen Preis handelt – ob es also etwa der frühere Preis oder eine Empfehlung des Herstellers ist. Das mag die Theorie sein, denn offensichtlich mag es für die Anbieter schlicht zu lukrativ sein, auch weiterhin mit Rabatten zu locken – auch auf die (geringe) Gefahr hin, irgendwann vor Gericht gezerrt zu werden.
Aber vielleicht sollten korrekte Internetmarketer sich doch einmal zusammenschließen, um „Pseudo-Kollegen“, die sich dieser an sich verbotenen „durchgestrichenen Preise“ bedienen, wirklich einmal kostenpflichtig abmahnen zu lassen.
Aber lesen Sie selbst den Wortlaut der Pressemitteilung Nr. 44/2011 des Bundesgerichtshofes:
“Bundesgerichtshof untersagt Werbung mit durchgestrichenen Preisen bei Eröffnungsangebot
Der u. a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Werbung mit hervorgehobenen Einführungspreisen, denen höhere durchgestrichene Preise gegenübergestellt werden, nur zulässig ist, wenn sich aus der Werbung ergibt, wie lange die Einführungspreise gelten und ab wann die durchgestrichenen höheren Preisen verlangt werden
Der Beklagte, der im Teppichhandel tätig ist und im Jahre 2007 eine Niederlassung in Friesenheim bei Freiburg betrieb, warb in einem der Badischen Zeitung beigefügten Prospekt für seine Teppichkollektion “Original Kanchipur” mit Einführungspreisen, denen er deutlich höhere durchgestrichene Preise gegenüberstellte. Im Text des Prospekts wies er darauf hin, dass die Kollektion eine Weltneuheit sei, zu deren Markteinführung er als Hersteller hohe Rabatte geben könne.
Die Klägerin, ein Freiburger Wettbewerber, sah in dieser Werbung eine Irreführung und einen Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Transparenzgebot. Ihre Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die dagegen eingelegte Revision des Beklagten zurückgewiesen.
Der Bundesgerichtshot hat die Ansicht des Berufungsgerichts bestätigt, dass die Bedingungen für die Inanspruchnahme dieser Verkaufsförderungsmaßnahme in der Werbeanzeige nicht – wie in § 4 Nr. 4 UWG gefordert – klar und eindeutig angegeben waren. Außerdem verstoße die Werbung gegen das Irreführungsverbot. Wer mit einem höheren durchgestrichenen Preise werbe, müsse deutlich machen, worauf sich dieser Preis beziehe. Handele es sich um den regulären Preis, den der Händler nach Abschluss der Einführungswerbung verlange, müsse er angeben, ab wann er diesen regulären Preis in Rechnung stellen werde. Anders als beim Räumungsverkauf, bei dem der Kaufmann nach der Rechtsprechung – nicht – zu einer zeitlichen Begrenzung genötigt ist, muss damit ein Einführungsangebot, das mit durchgestrichenen höheren Preisen wirbt, eine zeitliche Begrenzung aufweisen.
Urteil vom 17. März 2011 – I ZR 81/09 – Original Kanchipur
LG Freiburg – Urteil vom 7. März 2008 – 12 O 153/07
OLG Karlsruhe – Urteil vom 14. Mai 2009 – 4 U 49/08
Karlsruhe, den 18. März 2011
Nun können Sie natürlich sagen, was haben die Praktiken des Teppichhandels mit denen desInternetvermarkten zu tun, das ist doch sicherein himmelweiter Unterschied… (Meinen Sie wirklich?)
Auch wenn sich dieses Urteil nur auf ein Eröffnungsangebot im Teppichhandel bezieht, so werden in der Urteilsbegründung doch Argumente angeführt, die auch außerhalb des Teppichhandels wie zB im Internethandel auf eine permanente Verwendung von durchgestrichenen Preisen zutreffen.
Sehen Sie auch heute noch die Gefahr des „unkontrollierten Verwendens“ durchgestrichener Preise, überprüfen Sie Ihren Shop, Ihren Sales-letter und vielleicht gerade auch Ihr OTO-Angebot, oder besser gleich Ihr ganzes Angebot, denn Abmahnungen und Urteile dürften im Verstoßfall hier wohl ähnlich aussehen und Sie doch recht teuer kommen.
Ein dauerhaftes Werben mit durchgestrichenen Preisen, wie sie gerne eine große Zahl von Internetvermarktern auf deren Verkaufsseiten (ganz unwissend und blauäugig) verwenden, ist somit – und auch erneut wieder – als rechtswidrig bestätigt worden.
Wenn Sie also weiterhin mit durchgestrichenen Preisen werben wollen, müssen Sie also genau angeben, auf welchen regulären Preis sich diese, Ihre Werbung bezieht und wie lange diese Werbung zeitlich begrenzt ist.
Und natürlich kann dieser Post nur ein allgemeiner Hinweis sein, denn es gilt wie immer: Wenn Sie Fragen haben, suchen Sie sich bitte rechts- und vor allem fachkundigen Rat.
Meint Dr. Hans-Jürgen Karg
One Comment
Sophia
Unsere durchgestrichenen Preise gab’s bzw. gibt’s immer wirklich, also brauchen wir uns ja keine Gedanken machen, oder?