…stellen Sie doch mal „sich“ in Frage!
Ging man früher noch davon aus, dass in einer Unternehmung, auch wenn sie floriert, zumindest alle 7 Jahre eine strukturelle Überprüfung stattfinden sollte… Denn spätestens nach diesem Zeitraum – so ergaben es Untersuchungen – wurden das Unternehmen (!) und seine Mitarbeiter betriebsblind.
Und diese Betriebsblindheit merken die meisten nicht, denn „es läuft“ doch… Stellt sich die Frage, warum und vor allem: wie lange noch.
Heute gilt der Zeitraum von 7 Jahren schon lange nicht mehr, in Zeiten des Internets sind 6 erfolgreiche Monate schon ein Ansatz, sich auf dem erlangten Erfolg nicht auszuruhen, sondern auf dem Höhepunkt der derzeitigen Erfolgswelle, den notwendigen Anschlusserfolg „quasi in der Tasche“ , strukturiert erarbeitet zu haben.
Doch wie vorgehen, wenn alles „läuft“?
Stellen Sie sich doch einmal die Frage: Nach welcher Struktur arbeiten Sie, nach welchem Muster bereiten Sie Ihr nächstes Projekt, Ihr nächstes Produkt vor.
Sind Sie in Ihrem „Denken“ gefangen, oder können Sie über den berühmt berüchtigten „Tellerrand“ hinausschauen und dadurch Ihr Muster erkennen und einschätzen, notwendige strukturelle Konsequenzen erkennen?
Über die Entstehung von Mustern und über die Abgrenzung zu Strukturen gibt es unterschiedliche Auffassungen. Systemisch gesehen lässt sich die Entstehung von Mustern folgendermaßen beschreiben: Menschen verhalten sich irgendwie.
Sie gehen, sie sprechen, sie lachen, sie lieben. Verhalten erfolgt als Reaktion auf Umweltreize. Wenn jemand mich anspricht, reagiere ich, indem ich antworte oder wegschaue oder erröte oder was immer. Mein Verhalten ist in diesem Fall eine Reaktion auf Reize aus meiner Umwelt.
Aus systemischer Sicht gehört alles, was außerhalb der Grenze meiner selbst liegt, zu meiner Umwelt. Wenn ich über einen längeren Zeitraum bestimmten Umweltbedingungen ausgesetzt bin, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich mein Verhalten bis zu einem gewissen Grade automatisiere, dass ich also Muster ausbilde.
Und ich stelle als Muster auch fest: In dieser einen (mir inzwischen bekannten) Umwelt muss ich das Rad nicht immer wieder neu erfinden und mich nicht immer wieder neu überraschen lassen, sondern ich verhalte mich mehr oder weniger angepasst meinem Muster entsprechend. Sobald sich diese Muster bestätigt oder besser gefestigt haben, also ein regelhaftes Verhalten entstanden ist, lassen sie sich nicht einfach auflösen, sie haben eine gewisse Hartnäckigkeit, mal mehr, mal weniger.
So sieht es doch auch bei ihrem Denken aus:
Sie denken (naturgemäß) in Mustern: Wie reagieren Sie dabei auf Anregungen von außen, fremde, ungewohnte Meinungen? Wie gehen Sie dabei mit Misserfolgen, mit Enttäuschungen um? Was lernen Sie aus diesen Momenten, was nehmen Sie an Erfahrungen mit?
Außerhalb systemischer Denkwelten werden Muster oft bewertet als gut oder schlecht, als krank oder gesund, als gestört oder nichtgestört.
Systemisches Denken löst sich davon und erhebt den Anspruch auf ein neutrales, nichtbewertendes Beobachten.
Natürlich kann man sich nie ganz frei machen von Bewertungen, aber dennoch kann man sich vornehmen, nicht nach Gut oder Schlecht zu fragen, sondern nach Spielregeln. Die Fragen lautet dann nicht mehr: „Was ist schuld?“ oder „was hat was verursacht?“
An diesem zentralen Punkt unterscheidet sich systemisches von traditionellem Denken – und hier sind Sie gefordert:
Systemiker fragen nicht „was wird beobachtet?“, sondern „wie wird beobachtet?“.
So entwickeln Systemische Therapeuten auch pingelig genaue Fragen, die diesen Perspektivenwechsel begünstigen sollen:
Nehmen wir als Beispiel die Depression. Im traditionellen Sinne würde man zum Beispiel feststellen: „Jemand hat eine Depression“ oder jemand „ist depressiv“.
Bezogen auf die Depression ist es aus systemischer Sicht weit weniger von Interesse, wie die Depression entstanden ist, sondern wie sie gemanagt und aufrechterhalten wird. Dementsprechend würden Systemiker eher (scheinbar) naive Fragen stellen: „Woran merken Sie, dass Sie depressiv sind? Merken das auch andere?“ anstatt eine vielleicht verkorkste Kindheit zu analysieren.
Wir „stören“ also durch eine unerwartete Fragestellung, einen unerwarteten Ansatz.
Der Begriff „Störung“ ist also, im Gegensatz zur klassischen Vorstellung, ganz anders zu verstehen. :
Während normalerweise davon ausgegangen wird, dass Störungen ungewollte Unruhe bringen, verstehen Systemiker „Störungen“ als lebenserhaltende Impulse. Nur durch Störungen von außen lassen wir uns zu Veränderungen anregen.
Störungen fordern uns heraus:
Die Kunst des Lebens liegt im gekonnten Management von Störungen.
Probleme entstehen dann, wenn wir uns gegenüber Störungen immunisieren, uns von außen also nicht mehr anregen lassen, oder wenn das Management von Störungen misslingt.
Es kann und muss eigentlich misslingen, wenn wir keinen Weg sehen, uns von Störungen kreativ inspirieren zu lassen oder wenn Störungen zu „mächtig“ sind.
Und genau diese Störungen waren es, mit denen meine Mitarbeiter und ich in den letzten Wochen und Monaten zu kämpfen hatten:
Familiäre Enttäuschung, beruflicher Stillstand, Partnerschaftskonflikte bis hin zu Tot oder Geburt…
Und so machten wir uns daran, uns gegenseitig systemisch zu coachen:
Für uns galt als Maxime:
Nicht Schubladendenken, sondern individuelles Eingehen und Analysieren…
Wir erleben immer wieder: Scheinbare, bestätigte Fakten und anscheinend feststehende Wahrheiten entpuppen sich zumeist als “nur“ subjektive Wahrnehmungen. Wir verwechseln also immer wieder unsere individuellen Sichtweisen mit Pseudo- Wahrheiten, daher geht hier so manches schief, geschäftlich wie privat.
Aus dieser Falle wollten wir heraus:
Ein neutraler, systemisch durchdachter Denkansatz liefert meist ein etwas ungewöhnliches, vielleicht auch unbequemes Denken, dafür aber neue, ungewohnte Perspektiven.
Daher versuchen wir zunächst ein „Problem“ zunächst als nichts anderes als ein Feedback auf ein „vorgebliches Problem“ zu sehen.
Erst als wir diese Gedanken „verinnerlicht“ hatten, konnten wir uns den eigentlichen Grund-Prinzipien im systemischen Coaching zuwenden:
- Ein Problem ist ein Symptom.
Oder anders formuliert: Probleme sind meist ein Resultat misslungener Lösungsversuche. Betrachten wir aber nur das Problem eingeschränkt und nur „an sich“, dann versuchen wir oft genug, nur das Feuer zu „bekämpfen“ aber nicht die Brandquelle löschen zu wollen.
- Lösungsfokussierung.
Die individuelle Betrachtung des Problems ist oft schon das Problem an sich. Wer Ursachen sozialer oder innerer Konflikte klären will, scheitert oft schon an den unterschiedlichen Betrachtungsmöglichkeiten dieses Problems.
Unsere Frage und Aufgabenstellung lautet also nicht: „Was ist denn die Ursache für dieses Problem?“ Vielmehr stellen wir neutral und ohne „Vorverurteilung“ uns die Frage: „Was genau muss geschehen, damit das Problem nicht mehr auftritt?“
- Fokus auf Wahrnehmungen, nicht auf Wahrheiten.
Es geht uns also (mit Ausnahme eindeutig überprüfbarer Fakten) nicht darum, was vermeintlich wahr ist, sondern um die individuellen und unterschiedlichen Wahrnehmungen von Menschen.
Denn: Problemsituationen entstehen meist nicht durch Fakten, sondern dadurch, wie wir als Individuen unterschiedliche Situationen erfassen und wie wir dann mit diesen Situationen umgehen.
Und hier zeigt sich die jeweilige Individualität: Was der eine als bedrohlich empfindet, ist für den anderen eine Herausforderung.
- Wahlmöglichkeiten erhöhen.
Viele Menschen nehmen in Problemsituationen die sich ihnen bietenden Auswege nicht wahr und laufen „immer wieder gegen die Wand“. Oft kann hier ein (vielleicht nur kleiner) Wechsel der Perspektive weiter helfen.
Richtig: Für Sie lauern Lösungen überall! Aber für den Betroffenen? Oft sind es verschüttete oder im Problemkontext vielfach nicht wahrgenommene Kompetenzen und Potentiale, die in unserem Coaching dann an die Oberfläche gelangen und so für erfolgreiche Veränderungen zur Verfügung stehen können.
Wir sind uns nach diesen Wochen des Nachdenkens und Alles-Infrage stellen sicher:
Ob eine von uns gefundene Lösung wirklich auch „richtig“ ist, lässt sich vorab nicht berechnen. Wir sind uns aber sicher, dass unser Alles Infrage stellen für jeden von uns eine für ihn und insbesondere die Unternehmung nützliche Lösung gemeinsam erarbeitet wurde.
Was wir alles Infrage stellten, welche neuen Ansätze und Überlegungen wir gefunden haben, demnächst hier…
… bis dahin:
Stellen Sie sich und Ihr Denken ruhig mal in Frage…
empfiehlt Ihnen
Ihr
One Comment
NDTMED
Echt eine tolle Sache, ein cooler Beitrag.
Hut ab vor dieser Leistung.
Danke für den Tipp!